Die GEGENSTANDPUNKT-Redaktion bietet die Gelegenheit zur politischen Diskussion
Jour fixe in Dortmund – Regelmäßiger Diskussionstermin
Ort: Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50-58 (Hbf Nordausgang), Dortmund, Raum 226
am Dienstag, den 19. Dezember 2017, um 19.00 Uhr
„Raketenmann“ vs. „dementer US-Greis“
Nordkoreanisch-amerikanisc
Im Frühsommer 2017 eskaliert zwischen Nordkorea und den USA der (atom-)kriegsträchtige Konflikt, von dem die professionellen Beobachter des Zeitgeschehens einerseits wissen, dass er Tradition hat, andererseits, dass diesmal die Dinge doch etwas anders, viel gefährlicher liegen als bisher. Anders als bisher nimmt sich auf jeden Fall die von ihnen vorgenommene Verteilung von Schuldsprüchen aus, die sie schon für das vollgültige Urteil über die Sache halten.
In dieser Hinsicht ist ein neuer Trend zu etwas mehr Ausgewogenheit zu vermelden, so dass Nordkorea bisweilen tatsächlich so etwas wie ein – zynisches, aber immerhin – „nachvollziehbares Kalkül“ attestiert wird, wie sich umgekehrt die USA, die ja seit Jahresbeginn der bei uns nicht so gut angesehene D. Trump regiert, von ihnen „wenig hilfreiche Scharfmacherei“ bis hin zu „bewusster Eskalation“ und gar „eine für die ganze Welt gefährliche Kriegstreiberei“ vorwerfen lassen müssen.
Auf diese Weise kommt weder zur Sprache, was der weltpolitische Gehalt des mehr als 60 Jahre andauernden Konfliktes war und ist, noch das, was die wirklichen Neuerungen des Jahres 2017 sind.
Wer nicht damit zufrieden ist, sich die kriegsträchtige Lage im pazifischen Raum als das Werk von verrückten Machtmenschen zu erklären, sollte auch den nächsten Termin nicht verpassen.
Wir wollen die Diskussion vom 28.11. fortsetzen und wenn noch Zeit ist, damit beginnen, Kataloniens demokratischem Kampf um die Freiheit einer neuen Staatsgewalt zu besprechen:
Katalanischer Sezessionismus gegen spanischen Zentralismus
Zweimal Volk, Staat und Nation zum Abgewöhnen
In Katalonien eskalieren Sezessionisten gegen die Zentralgewalt ihr Projekt einer eigenständigen katalanischen Staatlichkeit.
Dürfen die Katalanen das? – lautet die erste Frage, die alle für spannend halten; nur wir nicht. Sie ist nämlich albern angesichts des Kampfes darum, von welcher nationalen Staatsgewalt die Katalanen in Zukunft als ihr Volk verbucht werden, die ihnen praktisch vorgibt, was sie dürfen und was nicht. Und dass so ein Kampf um die legitime Staatsgewalt übers Volk ganz selbstverständlich mit Gewalt gegen das Volk bzw. seine aufsässigen Teile geführt wird, also ohne Opfer durch das liebe Volk nicht zu haben ist, führen katalanische Sezessionisten und spanische Zentralgewalt in aller Abgebrühtheit vor.
Kann man die Katalanen nicht verstehen? – auch diese Frage interessiert uns eher nicht. Alle Antworten, die man darauf für gewöhnlich hört, sind nämlich keine, triefen dafür aber für Verständnis. Das gilt für die lange glorreiche, also trostlose und blutige Geschichte, die kein heutiger Katalane selber erlebt hat; das gilt für die Sprache, in der genauso viel Sinn und Unsinn geredet wird, wie in jeder anderen; das gilt ebenso für das Gerede von einer überlegenen katalanischen Tüchtigkeit, die auch in Katalonien offenbar vor allem in der Verachtung fürs als minder tüchtig angesehene spanische Restvolk besteht. Und das gilt erst recht für alle Verweise auf die schlimmen ökonomischen Lebensumstände, die im Zuge der Krise und der Krisenbewältigung des letzten Jahrzehnts die Existenz vieler Katalanen versaut haben: Denn weder unterscheiden sich diese Lebenslagen von denen der Krisenopfer im Rest Spaniens, noch sind sie eine Gemeinsamkeit zwischen den Katalanen; auch unter denen soll es ja die marktwirtschaftlich einschlägigen Unterschiede zwischen oben und unten, reich und arm geben.
Was taugt der in Katalonien aufsässig werdende volkstümliche Wunsch nach einer echt eigenen Herrschaft? – das ist darum die einzig wirklich spannende Frage. Denn auch wenn es heutzutage als ganz normal gilt: Einfach so einleuchtend ist jedenfalls nicht, wenn die durch die Taten ihrer politischen Herren in Madrid zum Wohl und Wiederaufstieg des spanischen Kapitalismus gebeutelten Massen auf nichts anderes kommen, als sich andere Herren zu wünschen, die ihnen den selben Kapitalismus dann auf Katalanisch verabreichen.